In der Reithalle des Hengstaufzuchtgestüts Hunnesrück freute sich die Politikerin mit dem CDU-Vorsitzenden Joachim Stünkel über ein großes und interessiertes Publikum.
Mit Barbara Otte-Kinast, gelernte Hauswirtschaftsleiterin und langjährige Landfrauen-Vorsitzende, habe man endlich die »richtige« Ministerin, so Stünkel in seiner Begrüßung; neben Landstallmeister Dr. Axel Brockmann und Verwalter Michael Bertelmann waren zahlreiche Gäste aus der Politik und dem Berufsstand gekommen.
Ihre 30-seitige Rede habe sie im Auto gelassen, sie liebe den direkten Kontakt, kündigte die Ministerin mit einem Augenzwinkern an. Als Reiterin gehe ihr zudem bei Stallgeruch das Herz auf – immerhin habe Niedersachsen das Pferd im Landeswappen, und es sei gut, als Ministerin die Landeseinrichtungen zu besuchen. Und erstmals spreche sie in dieser Funktion in einer Reithalle, freute sie sich. Ein nasser Herbst, an den sich
kaum noch jemand erinnere, Sturm »Friederike«, Borkenkäfer, Afrikanische Schweinepest, das seien einige Probleme, mit denen sie seit ihrer Amtsübernahme zu kämpfen habe.
Sorgen machten ihr die Sauen-Halter: Nach fast zwei Jahren sei man bei der Frage der Kastration keinen Schritt weiter, da müsse auf Bundesebene
mehr passieren. Bilder aus den Schlachthöfen, wie sie vor einigen Monaten öffentlich wurden, seien nicht auszuhalten, gerade für eine Partei mit dem C im Namen: Tiere seien Mitgeschöpfe, und so müsse man sie behandeln. Inzwischen habe es 55 unangemeldete Kontrollen gegeben, man wolle die schwarzen Schafe zu fassen kriegen.
Als »schwieriges Geld« bezeichnete sie die Dürre-Hilfe, die nach dem vergangenen Jahr ausgezahlt wurde. Es habe viele ablehnende Bescheide
gegeben, und es werde dauern, bis das Thema erledigt sei. Besser hätte sie verlässliche Bedingungen für die Bauern gefunden, etwa über Steuern, und auch eine Versicherungslösung sei interessant. Eine ad-hoc-Lösung sei dagegen immer problematisch.
Mehr Wertschätzung von Lebensmitteln Tierschutz, Dürre, der Wald: Nachdem 2018 vor allem reagiert wurde, wolle sie 2019 gestalten und beispielsweise den Ackerbau in die Zukunft führen, kündigte die Ministerin an. Wichtig sei
ihr, alle mitzunehmen und in der Breite zu denken.
Sie sei selbst dazu viel unterwegs. Anfang des Jahres erwarte sie ein Konzept. Sie wolle »vor der Welle« sein – auf ein Volksbe gehren wie in anderen Bundesländern würde sie gern verzichten.
Zu den Gestaltungswünschen für dieses Jahr zähle auch, mehr für den Wald zu tun. Ernährung, erläuterte sie weiter, sei ihr eine Herzensangelegenheit.
Ein neues Zentrum für Ernährung, Hauswirtschaft sollte Themen bündeln,
und soeben habe sie im Kabinett das neue Referat Ernährung vorgestellt, das wesentlich auf Nachhaltigkeit setze. Mehr Wertschätzung von Lebensmitteln, weniger Verschwendung: Die Arbeit der Bauern müsse wieder als etwas Wertvolles angesehen werden, die Verbraucher müssten mit mehr Wissen bereit sein, mehr zu zahlen für gute landwirtschaftliche Produkte.
Viele Probleme lade man bei den Landwirten ab, die angesichts der Belastungen nicht immer stand halten könnten: Es werde zu Brüchen kommen.
Am 20. September werde das Klimakabinett in Berlin seine Ideen vorstellen, und Landwirtschaft werde dabei eine bedeutende Rolle spielen. »Die Herausforderungen sind riesengroß «, stellte sie fest. Aber sie gehe sie mutig an, wisse viele Unterstützer an ihrer Seite. Rund 90.000 Kilometer im Land sei sie im Jahr unterwegs.
Dass die Landwirtschaft sich ändern müsse, habe sich an vielen Stellen durchgesetzt, und die Jungen seien dazu bereit. Die Politik müsse einen Rahmen setzen, und dafür müsse auf Berliner Ebene der Knoten zerschlagen werden.
Sie sei gespannt, welche Sorgen ihr die Besucher in Hunnesrück mit auf den Weg geben würden.
Die Themen Wasser, Nitrat und multiresistente Keime wurden angesprochen. Hier mache es sie wütend, dass immer »ihre« Landwirtschaft die
Schuldigen stellen solle - die Themen seien auch in anderen Ministerien relevant. Sie warnte vor rigorosen Lösungen: »Wir brauchen die Landwirtschaft und den ländlichen Raum«, zumal etwa jeder zehnte Arbeitsplatz in Niedersachsen mit den Bereichen Agrar/Ernährung zusammenhänge.
Es ärgere sie, sagte sie weiter, dass Grüne Gentechnik beziehungsweise Crispr Cas in Deutschland nicht gewünscht sei. Es sei »Wahnsinn
«, diese Technologie aus der Hand zu geben, denn sie sei wichtig, um sich beispielsweise dem Klimawandel schnell anpassen zu können.
»Wir sind Dienstleister für die Bürger« Der teilweise schlechte Ruf der Landwirtschaft in der Öffentlichkeit sei zu relativieren: Die Landwirtschaft
biete so oft gute Botschaften. Das Interesse an guter Arbeit sei groß. Ein kleiner Teil der Bevölkerung sei jedoch unzufrieden und dabei sehr laut. Es gelte, jeden Tag und immer wieder mit guter Arbeit zu überzeugen. Die Botschaft komme nicht überall an, weil viele nicht mehr wüssten, was Landwirtschaft mache.
Öffentlichkeitsarbeit gehöre in den Handwerkskasten eines Landwirts. Zusammen sollte man für den Berufsstand in die Bresche zu springen und
zeigen, was Großartiges geleistet werde. Immer sei alles in bester Qualität im Regal, das müsse man auch mal würdigen und dafür neue Kanäle
finden.
Bedauerlich sei, dass es in Deutschland immer höhere Tierschutzstandards gebe, während der Rest Europas häufig nicht mitziehe. Da gebe es
keinen Gleichschritt, die Nachbarländer könnten auf den Markt drängen. Das sorge für Frust bei den Bauern. Und die Diskussion werde sich noch
verlagern auf China, Russland oder Südamerika.
Sie finde es schade, dass es häufig nicht gelinge, Familienbetriebe zu erhalten, sagte die Ministerin. Die Zeiten seien für sie »knallhart«.
Landwirte mit Prämien zu unterstützen, sei gesellschaftlich
gewollt. Sie könne den Frust deren, die vor dem Aufgeben stehen würden, verstehen.
Wenn die landwirtschaftlichen Betriebe vor Ort schließen würden, gingen in den Dörfern die Lichter aus. Wer eine Lösung habe, dürfe sie ihr gern mitgeben. Es würden, da mache sie keine falschen Hoffnungen, Betriebe auf der Strecke bleibe, das müsse sie aushalten. Direktvermarktung sei da nur eine – erfolgreiche – Nische. Man mache sich etwas vor, wenn man denke, dass man damit die Landwirtschaft retten könne.
Landwirte müssten mit dem, was sie machten,
Geld verdienen.
Vieles konnte nur angeschnitten werden: »Schicken Sie mir eine Mail ins Haus, ich versuche, Dinge zu bewegen. Es geht nicht immer, aber wir sind Dienstleister für die Bürger«, ermutigte sie, den Kontakt zu halten. Deshalb sei
es für sie so interessant, in der Fläche zu hören, wo »die Hütte brennt.« »Ich gehe auch dahin, wo’s weh tut.« Wenn man Dinge früh anspreche,
könne man sich einmischen und vielleicht etwas ändern. Es sei bisher, machte sie Mut, mit der Landwirtschaft immer weitergegangen, auch wenn sich, da war sie mit Joachim Stünkel einig, Probleme nicht von heute auf morgen
lösen ließen. ek